Museum Quai Branly Paris
Ein faszinierendes Gebäude – so einzigartig wie sein Inhalt
Für französische Präsidenten ist es üblich geworden, gegen Ende ihrer Amtszeit ein architektonisch und kulturell prägnantes Projekt ins Leben zu rufen – als bleibendes Symbol ihres Wirkens für die kommenden Generationen. Diese Tradition geht auf Georges Pompidou zurück, der mit dem ‘Centre Pompidou’ das erste Projekt dieser Art in Auftrag gab. Damals galt es, Paris mit einem zeitgemäßen, multifunktionalen Zentrum für Kunst und Kultur auszustatten. Das Gebäude – ein frühes Meisterwerk der Architekten Richard Rodgers und Renzo Piano – hat bis heute nichts von seinem Kultstatus eingebüßt und beherbergt u.a. Europas größte Sammlung an moderner Kunst. Präsident Giscard d’Estaing verfolgte ein ähnliches Ziel, als er Gae Aulenti beauftragte, den mitten in Paris gelegene Orsay-Bahnhof in das gleichnamige Museum zu verwandeln. Auch Präsident François Mitterrand verewigte sich auf die Weise: Mit dem ‘Grand Louvre’ ließ er das altehrwürdige Kunstmuseum in neuem Glanz erstrahlen, und die von I.M. Pei gestalteten Glaspyramide und Eingangshalle sind inzwischen weltberühmt.
Kein Wunder also, dass Präsident Jacques Chirac einen nicht minder markanten Beitrag zum Pariser Stadt- und Kulturbild leisten wollte. Ausgangspunkt war seine lebenslange Begeisterung für die sogenannten ‘Art Premiers’ – die traditionellen Kunstformen der Urvölker aus aller Welt – um seine eigenen, profunden Kenntnisse orientalischer Kulturen. Es galt, einen Raum in noch nie da gewesener Form für eine prachtvolle Kollektion aus 300.000 Gegenständen aus Afrika, Nord- und Südamerika, Asien und Ozeanien zu schaffen. Jacques Chirac beteuerte, er wolle »… die endlose Vielfalt der Kulturen und der Künste der Bedrohung durch gesichtslose Gleichförmigkeit entgegensetzen«.
Eine Architektur ohne Vorbilder
Eine solche Botschaft verlangte nach einem Gebäude, das von den Klischees moderner Architektur in jeder Hinsicht Abstand nehmen würde: Ein bahnbrechendes Konzept musste her, das der Originalität und dem Tiefgang dieser einzigartigen Kollektion ebenbürtig sein würde.
Jean Nouvel stellte sich begeistert der Herausforderung. Er kommentiert kurz und bündig: »Einzigartige Gegenstände verlangen nach einzigartiger Architektur«. Die ‘Ateliers Jean Nouvel’, gehören zu den wenigen Global Players in der französischen Architekturszene: Jean Nouvel ist mit dem berühmten Pritzker-Preis ausgezeichnet worden – den viele als den Nobelpreis für Architekten halten – und er beschäftigt in den zwei Niederlassungen der Architekturfirma in Paris und Shanghai ein multikulturelles Team aus 130 Mitarbeitern.
Die ‘Ateliers Jean Nouvel’ sind berühmt für die Kühnheit ihrer Entwürfe. Sie wird von spektakulären Gebäuden in aller Welt dokumentiert – von Südkorea bis zum amerikanischen Midwest und von Dänemark bis Abu Dhabi.
Sonderbar – aus gutem Grund
Das Musée du Quai Branly, das 2016 zum Musée du Quai Branly – Jacques Chirac umbenannt wurde, um seinen Initiator zu ehren, ist hier keine Ausnahme: Die ‘New York Times’ beschrieb das Gebäude als »… provozierend, geheimnisvoll und total exzentrisch«. Das ganz in der Nähe des Eiffelturms gelegene Museum ruht auf Pfeilern, die ihm eine brückenartige Anmutung verleihen – wobei es so aussieht, als hätte sich die Brücke schlussendlich entschieden, den Fluss nicht zu überqueren, sondern entlang dem linken Seine-Ufer zu verweilen. Die gewölbte Fassade zeichnet sich im oberen Bereich durch ihre schräg angelegte Verglasung aus. Darunter wurde eine Reihe von 29 fensterlosen Würfeln unterschiedlichster Größen angebracht, die über die ganze Länge des Gebäudes verteilt aus der Fassade herausragen. Die auf den ersten Blick willkürliche Anordnung der Würfel setzt sich von der glatten Kurve der Fassade dermaßen stark ab, dass sie fast wie ein sonderbarer Nachgedanke wirkt.
Wie kein anderes Merkmal prägt diese Würfelreihe das architektonische Konzept. Keine zwei Würfel sind gleich, denn sie unterscheiden sich jeweils durch Größe und Farbe. Sie sind mit Trespa® Meteon®-Fassadenplatten in Unifarben bekleidet worden, die von Zartlila über Ocker bis hin zu Rot- und Brauntönen reichen. Optisch wie technisch stellt das Material eine ideale Lösung dar: Obwohl sie seit 2006 den Umwelt- und Witterungseinflüssen einer Großstadt ausgesetzt sind, sehen die Bekleidungsplatten so frisch und farbintensiv wie am ersten Tag aus.
Die farbenfrohe Geometrie dieser auskragenden Würfel ist alles andere als ein reines Spiel mit Formen. Getreu dem klassischen Prinzip ‘form follows function’ erfüllen die Würfel einen zweifachen, klaren Zweck. Zum einen stellen sie eine architektonische Metapher für die überwältigende Vielfalt der Kulturen dar, die das Museum präsentiert. Zum anderen fungieren die Würfel als klar abgegrenzte Bereiche, die sich ideal zur Darstellung spezifischer Gegenstände, Themen und Kollektionen eignen. Dadurch ergänzen sie bestens das Gesamtkonzept des Museums: Die Hauptausstellung verzichtet bewusst auf jede Form der Unterteilung, um den Besuchern die grenzenlose Vielfalt der Kulturen und der Künste möglichst eindrucksvoll zu vermitteln.